వరద

(Die erste der Geschichten in der Serie : Amravati Geschichten (erst veröffentlicht in der Zeitung Andhra Jyoti zw. 1975-1977); Autor: Satyam Sankaramanchi, Andhra Pradesh, Indien. Sprache: Telugu) übersetzt von Nalamasa Susmitha, unterstützt von J.V.D. Moorty. Muttersprachliche Verfeinerung: Dagmar Brech.

Weit entfernt, die Wolken berührend, steht ein Tempelturm. Dahinter glänzt, von Sonnenstrahlen erhellt, die goldbeschichtete Turmspitze des Amareshwara-Tempels. Mehrere Tempel und zahlreiche Turmspitzen umgeben diese hohe Turmspitze.

Im Osten liegt der Berg Vaikunta-Puram, im Süden sind zerstörte buddhistische Stupas, im Westen befindet sich der zertrümmerte Erdhügel namens Dhanyakatakam - die Hauptstadt der damaligen Dynastie-Satavahana. Im Norden die Stupas, die Erdhügel, das darunter wohnende Volk, der Fluss Krishna, der die Stadt wie ein Gürtel umschließt und gurgelnd fließt. Das ist der Ort Amaravathi.

Auf der Straße dieser Hauptstadt, auf der damals Pferde liefen, Kampfwagen fuhren, Soldaten paradierten, bewegen sich heute Hunde, Esel und Sambayyas alter müder Ochse. Die Straße, auf der damals Edelsteine und Perlen haufenweise transportiert wurden, auf der werden heute Säcke mit Getreidespelzen in Karren mühsam geschoben.

Wer fegt und räumt diese große Straße auf? Alle räumen nur den Teil vor dem eigenen Haus auf und werfen den Restmüll in die Straßenmitte. Auf diesem Müll schlafen einerseits die Hunde, andererseits findet man dort auch Hühner und ihre Küken. Eines Tages rauchte der geisteskranke Suri Cannabis im nördlichen Tempelturm. Unter diesen großen Bäumen hörte man einst vedische Lieder, aber heute hört man Schimpfwörter wie „Du Sohn von ...... " Du hast meine Chance verdorben!“, während das Kartenspiel munter weitergeht.

An der buddhistischen Universität hier, in der mehr als Tausenden in- und ausländischen Studierenden das Wissen beigebracht wurde, sind heute nur Sandhügel zu sehen. Darauf laufen die Schweine. Man sieht hier die frechen Jungen, die versuchen, diese Schweine wegzujagen.

Eines Tages ging ein Mädchen zum Krishna-Fluss Wasser holen, währenddessen ihr Fußkettchen aus Perlen heruntergefallen war. Mit dem Gedanken, es habe keine Eile ging sie zuerst Wasser holen, stellte die Kanne ins Haus, und dann kehrte sie zurück und fand ihr Fußkettchen unversehrt am gleichen Ort. Sie nahm es, band es wieder fest und sei fröhlich davongelaufen. Heute haben viele Mädchen, die zum Krishna-Fluss gehen, keine Fußkettchen. Trotzdem laufen sie fröhlich. Die Gesichter lachen, obwohl das Herz leidet.

Der Fluss Krishna ist der Zeuge von gestern und heute. Mit der Vergangenheit im Inneren verborgen, fließt der Fluss, ohne sich dessen bewusst zu sein. Der Fluss Krischna, auch der Herrgott für die Menschen dort, fließt durch Amareshwaras Tempel und es sieht so aus, als würde der Gott Krischna die Füße des Gottes Amareshwaras berührend weiterfließen. Von einem weit entfernten Ort scheint die Sonne in Richtung Amaravati. Der Fluss Krischna zwischen zwei Bergen sieht aus wie ein aus einem anderen Dorf kommender Verwandter. Er fließt schnell und beständig.

Die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Auf den Höfen und in den Dörfern hört man Schreie. Plötzlich ist der Fluß Krischna angeschwollen; über Nacht gab es Hochwasser, wie eine Sintflut. In der verschwommenen Licht wurde das Tosen des Krischna-Flusses noch lauter. In den Höfen gab es schon hufthöhes Wasser. Unter Menschen gab es Unruhe, Eile, Gedränge; Leimwände brachen zusammen. Obwohl die Häuser neben der Tempelstraße auf einer Anhöhe lagen, sind die Höfen darin über Nacht im Fluss versunken.

Palle-Straße ist drei Viertel gesunken!

Das Wasser steigt auf die Anhöhe.

Die Hütten von Yanadis waren weggeblasen !

Als es Morgen wurde, konnte man sehen, wie wütend der Gott Krischnamma ist. Er fließt, als würde er aus Angst die Erde verschlingen wollen.. Die andere Seite des Ufers ist nicht zu sehen. Ein Meer, hohe Wellen, weggefegte Häuser, schreiende Vögel in dieser großen Überschwemmung! Baumstämme und Holzbretter schwimmen im Wasser. Auf einem Baumstamm sitzend heult und bettelt ein Straßenhund, damit man ihn rettet. Als der Baumstamm wegen der Geschwindigkeit des Wassers wackelte, versuchte der erschrockene Hund mit seinen Füßen Balance zu halten.

Inzwischen hörte man einen menschlichen Schrei – „ Gott! Rette mich“ – ein herzzerreißender Schrei. In der nächsten Sekunde entfernte sich dieser Schrei, diese Person war nicht mehr zu sehen. Niemand konnte was tun. Auch wenn jemand Hilfe leisten möchte, könnte er sicherlich nicht lebend zurückkommen. Alle sehen vom Ufer aus diese schrecklichen Ereignisse hilflos an. Jedes Herz ist voller Angst.

Da es überall um das Haus Wasser gibt, spielen kleine Kinder mit Papierbooten. Sie drängen ihre Älteren, für sie Boote zu basteln. Die schulpflichtigen Kinder messen jede Sekunde den steigenden Hochwasserspiegel an der Wand.

Um Mitternacht ist Sangayya aufgestanden wegen des Weinens des kleinen Mädchens, als sie nass wurde. Da waren die Wände schon zerbrochen. Überall Wasser. Seine Frau und Kinder konnten ihr Leben retten.

Alle sahen hilflos zu, als Venkatswamis Ziegenherde auf der Anhöhe weggeschwemmt wurde, weil niemand was tun konnte, um sie zu retten.

Die Schlange, die wegen der Flut ins Haus eingedrungen war, hat Subbayya gebissen.

Was wäre mit dem weidenden Rind und dem Weideland passiert!

Alle reden über diese erschreckende Ereignisse. Einige Frauen beten den Gott Krischna an, sich zu beruhigen und bieten ihm Kurkuma, Zinnoberrot und Kokosnüsse von zuhause an. Die Kinder sammeln eifrig diese Stücke ein. Das Dorf ist halb versunken. Die Leute holten Dinge, die sie fanden und haben sich unter dem Baum von der Göttin Mahalakshmi in der Stadtmitte versammelt. Sie hängten Schaukeln an die Bäume für kleine Kinder. Um 10 Uhr hat die Flut abgebremst. Die Älteren im Dorf, Venkaswami und Veeraswami und alle Gelehrten kamen zum Baum.

Jeder fragte – „Was machen wir jetzt? Was nun?“

Was wir tun sollten? Wir sorgen erst dafür, den Hunger dieser Menschen zu stillen, sagte jemand.“ Zehn Jugendliche gruben eine Kochgrube zum Kochen aus. Eine weitere zehn gingen zu jedem Haus mit Säcken und sammelten Reis. Zutaten zum Kochen wurden auch gebracht. Linsen, Salz, Ghee, Öl gab es auch. Der Reis wurde gekocht. Die Köche Venkateswarlu und Shobhanadri sagten: „Nun dauert es ein bisschen bei der Gemüsezubereitung.“

„Avadhanulus Frau, Sooramma der Kasten Komati angehörend, Venkamma, Angehöriger der Telaga-Kaste , Subbamma von der Golla-Kaste und alle Unberührbaren schnitten schnell Gemüse. Bis 12 Uhr waren schon Gurken-Linsen-Gemisch, Suppe und Reis zubereitet.

Die von Setty bereitgestellten Blattteller wurden in die Straßenmitte in eine Reihe gelegt. Shastri, der brahmanische Tempelpriester grüßte die Sonne und saß vor einem Teller. An einer Seite saß Telaga Subbarayudu, auf der anderen Seite saß Golla Ramulu. Es war allen egal, wer neben wem saß. Alle beteten Gott an. Das Essen wurde serviert. Shastri, der Tempelpriester wollte Ghee. Der, der unberührbaren Kaste angehörige Sanga, der Ghee servierte, entfloh, sich weigernd, dem Brahmanen Shastri zu servieren. Shastri rief laut: „ Sanga!“ Er sagte zu dem verängstigten Sanga: "Ich habe Hunger! Du hast Hunger! Man nennt es Ghee, wenn es andere servieren und kein Ghee, wenn du es servierst? Serviere mir Ghee!“ Und er streckte seine Hand nach vorne aus. Sanga servierte nun fröhlich. „ Nahma Parvathipataye! Sei gegrüßt Schiwa, der Ehegatte Parwati !“, diese feierlichen Gesänge aus den Mündern erreichten die Spitze des Tempels.

Denkt ihr, dass die Flut die Seele der Menschen gereingt hat? Ich glaube nicht. Wie unser Körper trotz des täglichen Duschens am nächsten Tag wieder schmutzig wird – wird die Seele auch unrein. Egal wie viele Überschwemmungen es geben würde - kann die Seele des Menschen nicht gereinigt werden.

Unser Dank gilt 1) Herrn Ravishankar Sankaramanchi, Sohn des Autors, 2) Herrn J.V.D Moorty, dem Telugu-Hindi sprechenden Germanisten für die Korrekturarbeit und 3) Frau Dagmar Brech für die sprachliche Verfeinerung.